Bitter. Ganz bitter!

Der Ausgleich in der 96. Minute

(02.04.2023) Ja, das ist bitter, sehr bitter, der Ausgleich in der 96. Minute. Aber sonst hätte man ja vielleicht denken können, dass es ein Aprilscherz ist.

Nein, der wäre es aber nicht gewesen. Denn bis zur 95. Minute führten die Scheubengrobsdorfer in einem hart umkämpften Match gegen den Tabellenführer und haushohen Favoriten aus der Bachstadt wirklich und nicht unverdient mit 3:2.

Kurz nach dem Spiel war die Stimmung bei unseren Jungs jedoch nicht Fisch, nicht Fleisch. Noch konnte man das Unentschieden nicht richtig einordnen. Hätte man dieses Ergebnis gestern vorausgesagt, hätten all unsere Spieler das wohl sofort unterschrieben. So allerdings war man aufgrund des sehr späten Ausgleichstreffers in der 96. Minute dann doch sehr enttäuscht.

Musste man aber gar nicht. Denn so, wie man dem Tabellenführer die Stirn geboten hat, das war gestern in der Saarbach-Arena aller Ehren wert. Der Tabellenletzte gegen den Tabellenführer. Dem haushohen Favoriten in Unterzahl ein Unentschieden abgerungen. Respekt, Jungs. Dieser Punkt ist ein Punkt der absoluten Moral. Unsere Redaktion zieht vor diesem phänomenalen und leidenschaftlichen Auftritt der Mannschaft den Hut

Aber wie immer der Reihe nach. Kaum ist eine Minute gespielt, hat Westvororte den ersten Abschluss. Die Direktabnahme von Tim Richter wird zur Ecke verteidigt. Unser Kapitän bringt diese selbst nach innen. Und als der Arnstädter Keeper noch laut „Leo“ ruft, ist Maximilian Kurth bereits mit dem Kopf zur Stelle und wuchtet das Leder ins Netz. Der Tabellenführer muss sich kurz schütteln.

Nur gut drei Minuten später erreicht ein gefühlvoller Struz-Pass durch die Schnittstelle der Arnstädter Abwehr den eingelaufenen Markus Klotz, der den Keeper düpiert und den Ball an ihm vorbei ins lange Eck spitzelt. Die Arnstädter schauen sich fragend an. Was ist denn hier los?

Die Zuschauer, die mit dem Bus erst jetzt um 15:06 Uhr angereist sind und als erstes neugierig auf die Anzeigetafel schauten, dachten sicherlich, dass das ein Aprilscherz ist. War es aber nicht. Wir führten nach sechs Minuten wirklich mit 2:0.

Kommt uns das Fritz-Walter-Wetter heute entgegen? Der Platz ist feucht und tief. Es nieselt. Schönspielen ist heute nicht. Es geht zur Sache. Bohm und Kurth haben das jetzt, so nach knapp 10 Minuten, schon schmerzhaft spüren müssen.

Arnstadt ist und bleibt gefährlich. Ein Konter verfehlt sein Ziel knapp. Da haben wir jetzt ein bisschen Glück gehabt. Kurz darauf verfehlt auch ein Kopfball das Tor.

Arnstadt macht das Spiel und versucht sehr viel. Wir können momentan noch gut dagegenhalten. Nicht immer fair. Jetzt können wir nur auf Kosten eines Freistoßes klären. Der Schuss wird allerdings per Glanzparade von unserem Keeper Cedric Thrum zur Ecke befördert.

Auf der anderen Seite wieder eine Möglichkeit für uns. Nach einem Eckball fällt der Ball Maximilian Kurth auf den Fuß. Der schließt sofort satt ab. Der Ball findet den Weg am Keeper vorbei, wird von einem Verteidiger am langen Pfosten aber noch von der Linie gekratzt. Jetzt hat unser Gast das Glück auf seiner Seite. Fast hätte es nach 20 Minuten 3:0 gestanden. Schon beeindruckend, was das Dorf heute zu bieten hat.

In der 29. Minute passen wir dann allerdings nicht richtig auf. Per feinem Doppelpass kann sich unser Gast durch unsere Verteidigung spielen. Der abschließende Heber von Patrick Hädrich zum 2:1 ist für unseren Keeper dann leider nicht haltbar.

Und es geht weiterhin zur Sache. Jetzt liegt der Arnstädter Florian Hofmann. Und wieder knallen an der Mittellinie zwei aneinander. Jetzt wird Tim Richter in der Luft volley genommen. Da kann man auch Gelb geben. Aber egal. Wir schauen nicht auf den Schiedsrichter, wir schauen auf uns. Wir schauen auf unseren nächsten Angriff. Rehnelt und Klotz immer im Mittelpunkt.

Und wir sehen das nächste Tor. Ein Tor für uns. Was ist denn hier los? Kirstein setzt Rehnelt toll in Szene. Dessen Flanke fast von der Eckfahne fliegt parallel der Grundlinie scharf gen kurzen Pfosten. Torhüter Dennis Weisheit will den Ball, der kurz vor ihm noch aufsetzt, fangen, aber das Spielgerät knallt ihm an die Schulter und springt von dort ins Tor. 3:1.

Jetzt müssen wir nochmals eine Zeile aus unserem Spielbericht von der Begegnung gegen den FC Erfurt Nord bemühen: „Hier spielt kein Absteiger!“ Wir wissen nicht, wie es ausgeht. Wir wissen nicht, ob wir die Führung ins Ziel bringen, ob es ein Remis gibt oder Arnstadt die Begegnung noch drehen kann. Aber wir wissen, dass das, was unsere Jungs bisher hier abliefern, echt beeindruckend ist.

Westvororte bleibt am Drücker. Westvororte bis jetzt sogar die etwas bessere Mannschaft im Spiel zwischen David und Goliath. Jetzt kann der agile Markus Klotz kurz nacheinander zweimal in den gegnerischen Strafraum eindringen, in allerletzter Not aber gebremst werden. Das hat unser Kleinster richtig gut gemacht.

Der ein oder andere mag an einen Aprilscherz glauben. Manch einer schüttelt den Kopf. Schon wieder ist Westvororte im gegnerischen Strafraum, nachdem man sich im Mittelfeld hervorragend durchgespielt hat. Wir können den Ball vorn allerdings nicht festmachen, so dass unsere Gäste kontern. Daniel Zschille, etwas weit aufgerückt, verhindert mit einem taktischen Foul die Vollendung dieses Konters und kassiert logischerweise Gelb.

Jetzt sind wir mit Fortuna im Bunde, hat der Schiedsrichter doch ein klares Foulspiel der Unseren im
Strafraum übersehen. Durchatmen. Es steht weiterhin 3:1. Noch fünf Minuten bis zur Pause.

Hinten klären Kruschke, Dinter und Kurth jeden langen Ball der Gäste rigoros. Vor allem Kurth hat bis dato die absolute Kopfballhoheit. Irgendwie ist unsere # 16 für die Gäste eh ein rotes Tuch. Einerseits steht er defensiv wie eine Wand, gewinnt jeden Zweikampf und jedes Kopfballduell, andererseits macht er offensiv gegen den Tabellenführer in dieser Saison schon zum zweiten Male das 1:0. Und das, wie auch schon im Hinspiel, mit Köpfchen.

Die letzten fünf Minuten vor dem Pausentee dann ein regelrechtes Powerplay der Gäste. Der SV setzt sich an und in unserem Strafraum fest. Und dann passiert es. Aus dem Gewühl heraus hat Philip Kiraly die Fußspitze am Ball und drückt ihn gegen zwei Scheubengrobsdorfer Verteidiger und unseren Torhüter über die Linie. Mist. So kurz vor der Pause. Ärgerlich.

Es geht aber noch weiter. Weiter hin und her. Ein Fernschuss jetzt von Richter. Daneben. Ein Arnstädter Kopfball ist sichere Beute unseres heute wieder überzeugenden Keepers. Pause. Endlich. Nicht nur die Spieler, sondern auch wir müssen einmal ganz kurz durchatmen. Die insgesamt 120 Zuschauer, darunter die gesamte Mannschaft der BSG Wismut Gera, die heute spielfrei hat, sahen einen bisher äußerst abwechslungsreichen und spannenden Verbandsligafight.

Die zweite Halbzeit beginnt ebenso energisch, wie die erste endete. Es geht weiter richtig zur Sache. Cedric Thrum schmeist sich wagemutig in den langen Ball und knallt mit dem Stürmer zusammen. Der Abpraller landet im Tor, aber der Unparteiische entscheidet richtigerweise auf Foul an unserem Keeper. Jetzt schon wieder die Mannschaft von Trainer Martin Hauswald. Ein kurzes Powerplay. Cedric Thrum unterbindet dieses nach einem Abschluss mit einer Glanzparade.

Nicht nur deswegen, sondern auch wegen weiterer toller Paraden, seiner Strafraumbeherrschung und der überlegten Spieleröffnung wurde unsere # Nr. 1 von den Fans der Saarbach-Chaoten heute zum Man of the Match gewählt. Glückwunsch, Cedric

Aber weiter zum Spiel: Auf der anderen Seite kommt eine Ecke von Tim Richter wieder sehr gefährlich vor das Tor. Aber wie heute schon mehrfach abermals der lauter Schrei eines Arnstädter Spielers, auf den der Schiedsrichter reinfällt. Zum wiederholten Male ist es Martin Skaba. Jetzt bleibt er theatralisch auf dem Boden liegen. Das hat der Tabellenführer und potentielle Oberligist beim Tabellenletzten doch aber gar nicht nötig, oder?

Dann Lionel Kirstein, der nach Freistoß von Tim Richter zwei Verteidiger überspringt, den Ball per Kopf aber knapp über den Hauswald-Kasten platziert. Dann die ersten Wechsel. Und auch die nächste Gelbe. Für Zschille. Wer aufgepasst hat, weiß, dass der schon Gelb hatte. Folgerichtig muss er das Spielfeld verlassen Westvororte nun in Unterzahl. Und es sind noch fast 30 Minuten zu spielen. Ob das gut geht?

Zum wiederholten Male darf sich unser Keeper Cedric Thrum auszeichnen, indem er nach einer präzisen Flanke den Kopfball aus dem Eck hechtet. Arnstadt hat nun entschieden mehr vom Spiel. Der Gast drückt. Noch können wir das alles verteidigen. Allerdings können wir immer weniger für Entlastung sorgen. Die wenigen Konter, die wir vereinzelt einleiten können, spielen wir schlecht aus. Nur Arnstadt spielt. Und drückt. Wieder Gelb für uns. Noch 17 Minuten. Entlastung weiterhin Fehlanzeige.

Über rechts versucht sich nun aber zum wiederholten Male Benjamin Bohm. Auch er muss mit der unsanften Gangart der Gäste-Abwehr Bekanntschaft machen. Es gibt Freistoß. Aber die Entfernung ist groß. Zu groß? 30 Meter. Bringt auch nichts ein. Auch ein weiterer Fernschuss verfehlt sein Ziel um Meter. Aber es ist Entlastung. Die brauchen wir. Die brauchen die Spieler. Die braucht unsere Abwehr um den heute wieder überragenden Kurth, um mal kurz durchzuatmen.

Aber nur kurz. Denn schon wieder kommt Arnstadt. Der Ausgleich wäre mittlerweile verdient. Die Direktabnahme nach Flanke verfehlt ihr Ziel äußerst knapp. Glück für uns, da wäre Cedric Thrum wohl nicht rangekommen. Und wieder Arnstadt. Wieder knapp daneben. Wie lange halten wir das noch durch? Noch 12 Minuten. Wir führen. Noch. Knapp. Aber wir führen. 3:2.

Es beginnt wieder zu regnen. Arnstadt versucht es deswegen jetzt aus der Distanz. Aber der Schuss verfehlt sein Ziel um zwei oder drei Meter. Noch acht Minuten. Offiziell. Ecke Arnstadt. Der Ball findet in einer Traube den Kopf eines Gästespielers, dessen Abschluss aber am langen Pfosten vorbeigeht.

Jetzt wie aus dem Nichts eine riesen Chance für uns. Der Ball springt vor Benjamin Bohm an der Strafraumgrenze auf. Der hebt das Leder mit dem Außenrist gefühlvoll über den Arnstädter Keeper, aber leider auch um wenige Zentimeter über das Tor. Der Ball landet auf dem Netz. Das wäre wohl die Entscheidung gewesen. Aber weiter geht es. Fünf Minuten noch in der Saarbach-Arena in Scheubengrobsdorf.

Ansonsten können wir weiterhin nur sehr sporadisch für Entlastung sorgen. Arnstadt drückt auf den Ausgleich. Noch können wir uns wehren. Aufopferungsvoll. Leidenschaftlich. Willensstark. In den letzten 10 Minuten bringt Schiedsrichter Lucas Leihkauf auf jeder Seite jeweils noch zweimal den gelben Karton ins Spiel.

„Packt euer Kämpferherz aus. Noch fünf Minuten!“ schreit der Stadionsprecher in sein Mikro und motiviert unsere Jungs zusätzlich. Nun auf beiden Seiten jeweils ein ungefährlicher Abschluss. Wir führen 3:2. Gegen Arnstadt. Gegen den Tabellenführer. In Unterzahl. Wahnsinn! Noch drei oder vier Minuten.

Jetzt feiern die Fans lautstark unseren Torhüter, der einen weiten Ball, der hoch in den Fünfer fliegt, unter Bedrängnis vehement aus der Gefahrenzone boxt. Alle hauen sich voll rein. Jetzt Tim Richter mit einem Flugkopfball an der Mittellinie. Unser Kapitän ist auch heute wieder in jeder Hinsicht Vorbild. Er nimmt die anderen mit. Die anderen gehen mit.

Arnstadt gibt nicht auf. Aber man findet keine spielerischen Mittel
gegen das Gehrt-Team. Aufstellung, Einstellungen, alles hat beim TSV heute Hand und Fuß.

Die Brechstange musste nun beim Tabellenführer herhalten. Immer wieder hohe Bälle in unseren Strafraum. Immer wieder Cedric Thrum, der diesmal die Flanke kurz vor dem Kopf eines einschussbereiten Gästespieler wegfängt. Sicher. Die Arnstädter Bank steht. Der Trainer schreit: „Nach vorne. Alles nach vorne. Hoch rein!“

90 Minuten sind um. Wie lange lässt der Schiedsrichter, der es in diesen äußerst intensiven Spiel nicht immer leicht hatte, aber seiner Linie treu blieb, nachspielen? Jetzt hebt er klar und für alle deutlich sichtbar seine Hand und zeigt fünf Finger.

Überstehen wir diese extra time? Jetzt noch mal Gelb auf jeder Seite. Und Freistoß für Arnstadt. 25 oder 28 Meter vor dem Tor. Halbrechts. Daneben. Die Anzeigetafel zeigt Minute 93.

Zwei Minuten später verfehlt eine weitere Flanke unser Tor und geht über die Grundlinie ins Aus. Unsere Jungs feiern diesen Moment wie einen Sieg. Warum der Unparteiische dann allerdings auf Eckball entscheidet, bleibt offen.

Die Ecke kommt. Und die landet beim baumlangen Johannes Ruschke und aus den Gewimmel vor dem Tor heraus dann irgendwie im Netz. Das darf doch nicht wahr sein. Wir schreiben die 96. Minute. Bitter. Ganz bitter. Der große Favorit aus Arnstadt kommt zum glücklichen Ausgleich. Der Schiedsrichter pfeift ab. Unsere Jungs fallen enttäuscht auf den nassen Rasen.

Aber spätestens jetzt zum Sonntag-Guten-Morgen-Kaffee ☕️ können genau diese Jungs erhobenen Hauptes aufstehen und stolz sein auf das, was sie gestern und auch schon in den Wochen davor geleistet haben. Zum dritten Mal in Folge nicht verloren. Aus den letzten drei Spielen sieben Punkt geholt. Steigen solche Jungs ab?

Bereits nächsten Samstag kommen wir der Antwort auf diese Frage vielleicht ein weiteres Stück näher. Dann nämlich ist unsere Mannschaft beim heimstarken SC 1911 in Heiligenstadt zu Gast.

Ohne Worte …

#ausgerafürgera
#newgeneration