Was Du immer schon einmal wissen wolltest …

Heute: Marcel Ziegler

TSV: Hallo Marcel, den Fußballern unter unseren Usern wird Dein Name nicht viel sagen. Daher wollen wir das heute mit unseren Fragen und Deinen Antworten einmal ändern. Schön, dass Du mitmachst …

Marcel: Schön, dass der TSV noch andere Sparten außer Fußball hat und diese auch mit ins Vereinsleben einfließen … (lacht)

TSV: Du gehörst zur Abteilung Mountain-Bike. Seit wann gibt es diese Abteilung und bist Du von Anfang an dabei?

Marcel: Die Abteilung MTB wurde Anfang 2017 mit dem Projekt eines legalen Geländes abseits des Stadtwaldes für Mountainbiker und Hobbyradler gegründet. Seit Ende 2016 wurde am sogenannten Schustergraben oder besser gesagt „An der Eiche“ in Scheubengrobsdorf ordentlich Erde bewegt, um einen kleinen lokalen Bike-Park zu realisieren. Ich war in der Tat bei den „Oak Trails“ ab der Stunde NULL dabei, aber ohne eine Mitgliedschaft im TSV. Schon Jahre zuvor habe ich mit anderen Fahrradvereinen versucht den MTB-Sport auf eine legale Schiene außerhalb des Waldes zu bringen, was aber in den bürokratischen Mühlen versackte.

Da meine Großeltern im „Weidicht“ direkt am Sportplatz wohnten, kenne ich den TSV und das Gelände „An der Eiche“ wie meine Westentasche. Zu Beginn der Bauarbeiten Ende 2016 verpufften meine für gut befundenen Vorschläge leider bei den damals verantwortlichen Abteilungsleitern und die einzelnen Streckenverläufe waren nicht optimal an das Gelände angepasst. In den TSV trat ich aus der Not heraus Ende 2017 ein, als eine eventuelle Schließung der Anlage in Betracht gezogen wurde. Mir war und ist es eine Herzensangelegenheit die „Oak Trails“ zu bewahren, sowie ständig weiter zu entwickeln. Abteilungsleiter wurde ich nach Anfrage und Bestätigung des TSV-Vorstandes im April 2018. Diese Entscheidung wurde leider nicht von allen Mountainbikern positiv wahrgenommen, sodass einige Mitglieder den Verein verließen, aber es auch diesbezüglich Neuanmeldungen gab!

TSV: Der TSV ist ja eigentlich fast nur für den Fußball bekannt. Wie kam es zur Gründung der Abteilung Mountain-Bike?

Marcel: „An der Eiche“ wurde ja schon in den 70er und 80er Jahren Gelände-Zweirad-Sport betrieben, die Anfänge machte die lokale „Dorfjugend“ mit umgebauten Cross-Mopeds. Mit vier Jahren nahm ich mit meinem DDR-Kinderfahrrad die Cross-Strecke das erste Mal unter die Räder. Zwei Jahren später bekam ich von meinem Vater ein kleines selbstgebautes Cross-Moped und war ab diesem Tag motorisiert „An der Eiche“ unterwegs. In den Jahren nach der Wende kam dann der MTB-Sport auf und eröffnete völlig neue Fahrmöglichkeiten.

Während der gesamten Zeit wurde auf den heutigen „Oak Trails“ immer wieder geschaufelt und gefahren, sodass 2016 der Ortsteilbürgermeister Erik Buchholz, der Vorstand des TSV Gera-Westvororte in Verbindung mit engagierten Mountainbikern die Notwendigkeit sahen, eine entsprechende Vereinssparte zu schaffen, um einen legalen lokalen Bike-Park zu realisieren.

TSV: Als „Abteilungsleiter“ unserer Biker sitzt Du auch im Vorstand des TSV Gera-Westvororte. Kommt man sich in einem Verein, in dem es seit vielen vielen Jahren eigentlich fast immer nur um den Fußball geht, etwas verloren vor, oder sind die Biker vollwertig integriert?

Marcel: (Lacht) Die Mountainbiker sind mittlerweile schon voll integriert, vor allem zollen alle anderen Vereinsmitglieder den Bikern vollen Respekt für die viele Arbeit, die an den „Oak Trails“ geleistet wurde und wird.

TSV: Oh ja, diesem „Respekt zollen“ schließen wir uns an dieser Stelle natürlich unaufgefordert an! Aber weiter geht es mit unseren Fragen. Worin liegt eigentlich das Hauptaugenmerk in Deiner Vereinstätigkeit?

Marcel: Also diese Liste wird lang, im Grunde kümmere ich mich um alles! Es laufen praktisch alle Fäden durch meine Hände:

– Planung und Organisation der Geländeentwicklung sowie Bauarbeiten auf den Oak Trails

– Beschaffung von Arbeitsmaschinen und Material (Erde, Bauholz, Fahrbelag, Begrünung etc.)

– Sponsoren- und Spendenakquise, Unterstützern und Helfern

– Veranstaltungsplanung und Durchführung z.B. Opening, Wiesenslalom, Rücktrittrennen

– Social-Media, wie z.B. facebook und Instagram

– Betreuung und Sicherstellung der Öffnungszeiten sowie wöchentliches Kids-Training

– Nachfuchsförderung und Wettkampfunterstützung

– Geländepflege und Instandhaltung (Grasmahd, Streckenausbesserung, Unkrautentfernung etc.)

– Teilnahme bei Themen wie Sportförderung, Fonds, Sterne des Sports, usw.

– Netzwerke schaffen und pflegen, z.B. zu Unternehmen, Feuerwehr, Heimatverein usw.

– Ansprechpartner in jeder Angelegenheit rund um die „Oak Trails“

TSV: Da können wir uns vorstellen, dass Dein Terminkalender sehr gut gefüllt ist und bedanken uns gerade deswegen nochmals, dass Du die Zeit für uns und dieses ausführliche Interview gefunden hast. Was kann man auf dem Parcour eigentlich alles so anstellen und muss man „Profi“ sein und Vorkenntnisse haben, oder kann jeder die Strecken benutzen?

Marcel: Nach dem Opening 2017 und dem weiteren Verlauf sowie dem eingeholten Feedback der Biker war klar, die „Oak Trails“ müssen umgebaut bzw. nutzerfreundlicher gestaltet werden! 2018 startet die komplette Neugestaltung des MTB-Geländes mit dem Ziel, dass JEDER, egal welchen Alters oder Bike-Erfahrung auf den „Oak Trails“ fahren und dabei Spaß haben kann. Zusätzlich wurden die verschiedenen Strecken mit Brechsand, einem speziellen Fahrbelag für mehr Fahrsicherheit und Wetterunabhängigkeit ausgestattet.

Eine umfangreiche Streckenentwässerung mit Drainagerohren und Schotterversickerungen wurde angelegt um Regenwasser sofort abzuleiten, sodass keine Pfützen oder Bodenerosionen entstehen. Die Oak Trails bieten mittlerweile ALLES! Es gibt eine Flow-Line für Anfänger, Kinder und Familien. Diese beinhaltet seichte Kurven und ein paar kleine Wellen, das Gefälle dieser Strecke ist relativ flach und somit sehr leicht befahrbar.

Als nächstes gibt es die Jump-Line, diese ist wesentlich anspruchsvoller, aber dennoch so gebaut, dass es auch für geübte Kinder fahrbar ist. In der Jump-Line gibt es größere Kurven, verschiedene Sprünge, eine große Welle und eine Brückenüberfahrt, welche auch gesprungen werden könnte.

Die Freeride-Line richtet sich an Fortgeschrittene und Profis, hier ist Air-Time angesagt! Der Verlauf dieser Strecke ist im steilsten Abschnitt des Geländes, die verschiedenen Sprünge sind bis zu 2 Meter hoch und haben eine Länge zwischen 5 und 15 Metern. Das Highlight ist das Road-Gap, ein Sprung in die Tiefe, bei welchem die kreuzende Flow-Line quer übersprungen wird! Aber auch dieser spektakuläre Sprung ist sicher gebaut und die Fahrer gefährden sich nicht gegenseitig!

Der Pump-Track ist im unteren flachen Teil des Geländes. Dieser besteht aus kleinen Wellen sowie Kurven und ist praktisch ein Oval in dem man eine Runde nach der Anderen fahren kann. Dadurch ist der Pump-Track besonders für Kinder und Anfänger geeignet, aber auch Kleinkinder mit einem Laufrad hatten schon viel Spaß auf diesem Oval-Kurs.

Im Moment bauen wir noch zwei sogenannte Dirt-Lines, eine für Anfänger und eine für Fortgeschrittene, sowie Profis. Die Sprünge einer Dirt-Line dienen dazu hoch heraus zu springen und dabei einen Trick zu machen, um anschließend wieder sicher zu landen. Die heutigen Tricks-Sprünge beim Dirt-Jump sind z.B. Salto rückwärts oder auch vorwärts mit dem gesamten Bike, 360 Grad Drehungen, Hände vom Lenker, Füße vom Pedal usw. Des Weiteren soll noch ein großes professionelles 4 x 6 Meter großes Trampolin zum Tramp-Biken aufgestellt werden, um derartige Tricks vor zu üben! Darüber hinaus wird eine Slack-Line und ein Balance-Board installiert für Gleichgewichtsübungen abseits des Bikens. KURZ gesagt, die „Oak Trails“ bieten für JEDEN etwas!

TSV: Das ist absolut beeindruckend! Aber Du greifst auch selbst gern mal zum Rad und nutzt unseren „Oak-Trail“, oder?

Marcel: Selbstverständlich! Wobei ich es dieses Jahr an einer Hand abzählen kann. Der Veranstaltungsplan startete Ende Februar mit dem „RÜCK-TRITT-RENNEN“ sehr früh. Nach 20 Jahren Geschichte und sechs Jahren Pause starteten mein Bruder und ich das erste offiziell angemeldete Rück-Tritt-Rennen mit verschiedenen Einzelwettkämpfen auf dem Gelände der „Saarbach-Arena“ sowie den „Oak Trails“. Danach machten wir uns direkt ans Werk, die „Oak Trails“ für das jährliche Saison-Opening Ende März startklar zu machen und die Veranstaltung zu planen.

Leider machte uns das Corona-Virus einen Strich durch die Rechnung. Durch die darauffolgende Schließung der Anlage erhöhte sich wegen Nichtnutzung der Geländepflegeaufwand und spannte mich voll ein. Vor drei Wochen haben wir mittels Radlader und Bagger nochmals 60 Tonnen Erde in die „Oak Trails“ verarbeitet, die Dirt-Lines wurden aufgeschüttet, neu geshapt, sowie eine neue Fahr-Trasse als Streckenverlängerung Richtung Wald angelegt. Aufgrund dieser Umstände kam das BIKEN natürlich viel zu kurz! Ansonsten nutze ich aber regelmäßig die „Oak Trails“ zum biken und bereite mich durch die Nutzung der verschiedenen Strecken auch auf Wettkämpfe vor. Rennen fahren ist eine Leidenschaft, dafür stelle ich eigentlich ALLES hinten an! Dabei ist es egal, ob es sich um ein kleines lokales Bike-Rennen handelt oder um internationale Renn-Events.

TSV: Oh, das klingt interessant. Wo finden denn solche internationalen oder nationalen Wettkämpfe statt? Kannst du auch auf Erfolge zurückblicken?

Marcel: Der MTB-Sport hat wie der Ball-Sport viele unterschiedliche Richtungen, es gibt verschiedene Abfahrts-Disziplinen wie Down-Hill, 4-Cross oder Enduro. Bei jeder gibt es natürlich nationale und internationale Wettkämpfe, z.B. Deutsche Meisterschaft, Bike-Festivals, EM oder WM. In allen drei Disziplinen fahre ich mit und stelle mich jedes Mal den unterschiedlichen Herausforderungen. Das ein oder andere Rennen konnte ich schon gewinnen, mache aber Erfolg nicht auf eine Platzierung fest. Es gibt Events wie die DM, EM oder Alpine Wettkämpfe wie das „Nord-Kette-Quartett“ in Innsbruck oder die „Meg-Avalanche“ in Alpe d´Huez, da ist dabei sein ALLES und wenn es dann noch läuft, PERFEKT!

TSV: Oh, Alpe d`Huez … da geht das Herz auf, das klingt für jeden Radsportler und Fan faszinierend und weckt Erinnerungen. Aber nicht nur Du hast Titel gewonnen, auch der TSV Gera-Westvororte kann sich durch seine neue Abteilung mit Lorbeeren und vor allem Sternen schmücken. Eure Abteilung wurde hochkarätig geehrt. Erzähl doch bitte mal …

Marcel: „Sterne des Sports“ 2019 war mega! Der OSCAR des Breitensports unter dem Dach des DOSB (Anm. d. Red.: Deutscher Olympischer Sport Bund). Bereits 2018 wurde ich durch ein ganz ähnliches Projekt in Callenbach/Sachsen darauf aufmerksam. Auch hier kam es zur Symbiose zwischen Mountainbikern und dem lokalen Fußballverein. Für 2019 war klar, der TSV und die „Oak Trails“ müssen dort präsentiert werden, also setzte ich mich an die Bewerbungsunterlagen und ließ die Tastatur glühen! Schon die regionale Ebene „Gera-Jena-Rudolstadt“ mit der Preisverleihung in Gera war der Hammer, von 40 Vereinen mit verschiedensten Projekten ging der TSV als Sieger hervor und qualifizierte sich somit für die Landesebene in Thüringen.

Im Erfurter Rathaus wurde dann der Thüringer Landessieger bei „Sterne des Sports“ gekürt, insgesamt acht Regionalsieger traten gegeneinander an. Am Ende konnte der TSV mit den „Oak Trails“ wiederum als Sieger nach Hause fahren und somit waren die Weichen für das große Bundesfinale in Berlin gestellt. Als Thüringer Landessieger fuhren wir nach Berlin, die Atmosphäre war gigantisch, unsere Bundeskanzlerin, weitere Vertreter aus Politik, Sport und Ehrenamt waren vertreten, sowie die verschiedenen Landessieger. Leider hat es in Berlin nur zur Holzmedaille gereicht, aber nach dem unverhofften Landessieg war Berlin einfach nur Zugabe.

Aber nicht nur bei „Sterne des Sports“ konnte der TSV erfolgreich teilnehmen, auch beim „Zukunftspreis der Deutschen Sportjugend 2019“ konnte das Projekt „Oak Trails“ bundesweit mit Platz 6 Punkten! Bereits 2018 reichte ich im Namen des TSV beim „Sozial und Umweltfonds“ der EGG Gera eine Bewerbung ein und konnte die Jury von diesem Projekt überzeugen. 2019 war ein fantastisches Jahr, das Opening, der Zukunftspreis der DSJ, Sterne des Sports, WiesenSlalom, wöchentliches Kids-Training und regelmäßige Öffnungszeiten, langsam gedeiht die Saat!

TSV: Na, das klingt alles echt super und das ist doch auch eine gute Werbung für den TSV Gera-Westvororte und besonders für Dich und die Oak-Trails. Was steht noch so auf Deiner bzw. Eurer Agenda für die kommende Zeit? Was wollt Ihr den Bikern noch alles bieten?

Marcel: Im Augenblick arbeiten wir mit Hochdruck auf die Wiedereröffnung der Anlage durch die fallenden Corona-Beschränkungen. Durch die Nichtnutzung und die fehlende Bewegung auf den verschiedenen Strecken holte sich die Natur das Areal erbarmungslos zurück. Wichtigstes Ziel ist im Moment die „Oak Trails“ für die Wiedereröffnung Ende Juni fit zu machen!

Als nächstes sollen die beiden Dirt-Lines fertiggestellt werden, d.h. es müssen noch Sprungrampen und weitere Gimmicks aus Holz gebaut werden. Die Dirt-Lines wollen wir im September oder Oktober mit einem speziellen Event einweihen. Da im Oktober 2019 der erste „Oak Trails WiesenSlalom“ sehr gut ankam und die Resonanz besonders in den zusätzlich geschaffenen U13 bzw. U17 Klassen hoch war, wird es dieses Jahr natürlich wiederholt! Perspektivisch steht für 2021 die Erweiterung und Vergößerung der „Oak Trails“ Richtung Wald an und auch der Pump-Track wird noch nutzerfreundlicher gestaltet.

TSV: Das klingt alles sehr interessant. Dann drücken wir Euch die Daumen, dass Ihr alles so umsetzten könnt, wie ihr Euch das vorstellt und bedanken uns, dass Du Dir die Zeit für uns und unsere Follower genommen hast. Endlich wissen alle, dass der TSV nicht nur Fußballspielen kann …

Marcel: Ich danke auch für das Interview … und „RIDE ON“!

Ohne Worte …