Westvororte und Pokal. Das matcht nicht.
Aus in der ersten Runde
Sonntag früh. 06:00 Uhr. Wir suchen nach den passenden Worten. Die Enttäuschung sitzt immer noch tief. Sollten wir uns einfach noch einmal rumdrehen, weiterschlafen und den Spielbericht auf Montag verschieben? Oder ganz weglassen? Oder sollten wir nur kurz und knapp schell ein paar oberflächliche Sätze hinkritzeln und den Finger nicht noch einmal in die Wunde legen?
Nein, das sind wir nicht. Wenn wir Himmelhoch jauchzend mit viel Freude zur Feder greifen, wollen und müssen wir das auch tun, wenn es einmal ungemütlich ist. Und das ist es heute, zweifelsohne.
Ja, wir haben verloren. Und auch, wenn beim Fußball nur Ergebnisse zählen, geht es uns heute primär gar nicht nur um dieses, sondern eher um die Art und Weise, mit der unserer Mannschaft am Samstag im Tempelwald aufgetreten ist. Die ersten 70 Minuten waren ernüchternd. Gar enttäuschend.
Wenn ein Spieler nach 20 Minuten und sieben Ballberührungen sieben Fehlpässe oder verlorene Zweikämpfe in seiner Statistik aufweist, sollte sich dieser Spieler spätestens jetzt Gedanken machen, ob er mit der richtigen Einstellung ins Spiel gegangen ist.
Wir wollen sechs gelbe Karten für den Gastgeber keinesfalls schönreden, aber der ein oder andere Fan der Scheubengrosdorfer hätte sich von der eigenen Mannschaft vielleicht genau diese Leidenschaft gewünscht, die man im Pokal an den Tag legen muss, um vielleicht Großes zu erleben.
Aber lassen wir das individuelle und subjektive Geschwafel und kommen zu ein paar Fakten. Denn vielleicht sehen wir das ja alles verkehrt. Vielleicht interpretieren wir das ja alles falsch. Sicher ist nur, dass der ein oder andere Protagonist nicht der selben Meinung sein wird wie wir. Vielleicht haben wir unterschiedliche Spiele gesehen.
Aber wie immer der Reihe nach. Die ersten 20 Minuten ein relativ ausgeglichenes Spiel. Auf recht überschaubaren Niveau. Gera mit bisher einer guten Möglichkeit. Greiz aber immer wieder gefährlich gegen unsere hoch stehende Abwehr. Die wird mehrfach überlaufen.
Dann die 28. Minute. Nach einer Ecke und einem mehr oder weniger gewollten Hackentrick eines Greizer Spielers landet der Ball fünf Metern vor unserem Tor, wo Hannes Schmeißner von mehreren Abwehrspielern umringt am schnellsten reagiert und trifft. 1:0.
War unser Spiel bisher schon nicht berauschend, kommt nunmehr auch noch eine gewisse Verunsicherung hinzu. Greiz nutzt das nun rigoros aus und lässt uns des Öfteren Alt aussehen. Da ist auch das Fehlen vieler Stammkräfte keine Ausrede.
Allen voran Maskenmann James-Kevin Nahr. Der Greizer, der nach einem Nasenbeinbruch vor Wochenfrist erst vor wenigen Tagen operiert wurde, ist von unseren Spielern kaum zu halten. Nachdem er sich gegen zwei Abwehrspieler erfolgreich durchgesetzt hat, landet sein Schuss aus spitzem Winkel glücklicherweise nur am Außennetz.
Und gleich wieder Greiz. Wir sind jetzt total von der Rolle. Über rechts werden wir wiederholt überlaufen. Eine Flanke aus vollem Lauf erreicht einen Gastgeber -Spieler, der direkt verwandelt. Tor!
Glücklicherweise war der Ball nach Meinung des Linienrichters bei der Flanke knapp über der Grundlinie in Aus. Durchatmen. Es bleibt erst mal bei der Ein-Tore-Führung.
Und gleich noch einmal der Gastgeber. Jetzt über links. Die Direktabnahme nach schöner Flanke verfehlt unseren langen Pfosten nur um Millimeter. Westvororte jetzt mit Fortuna im Bunde.
Kurz darauf verlässt uns das Glück aber und Hannes Schmeißner kann James-Kevin Narr unbedrängt bedienen, so dass der Routinier aus Nahdistanz kein Problem hat, den Ball über die Linie zu drücken. 2:0.
Und das Ergebnis geht sogar in Ordnung. Greiz besser als die Unseren. Und wieder ist es James-Kevin Nahr, dessen Schuss nur knapp sein Ziel verfehlt. Eine weitere Möglichkeit lassen die Greizer kurz darauf ebenfalls überhastet liegen. Mittlerweile sind wir mit dem 2:0 zur Pause sogar noch ganz gut bedient.
Hoffen und wünschen wir, dass unser Trainer in der Kabine jetzt die richtigen Worte findet. Hoffen und wünschen wir, dass wir nicht noch einmal solch eine Halbzeit und vielleicht ein Debakel erleben. Hoffen und wünschen eir, dass auch unsere Spieler ein Pokalspiel nicht nur als einen überflüssigen Test ansehen.
Der zweite Durchgang beginnt mit lautstarken Motivationsrufen des Greizer Kapitäns. Auf der anderen Seite Stille. Und nur kurz darauf schön fast folgerichtig die nächte gute Chance für die Hausherren.
Dann endlich einmal Westvororte. Eine erste gute Möglichkeit ist ein Fernschuss von Lenny Schumann aus circa 20 Metern, der sein Ziel aber deutlich verfehlt. Ist das jetzt aber vielleicht ein Startschuss für eine Aufholjagd?
Nein. Noch nicht. Die nächste große Möglichkeit haben wieder die Mannen vom Tempelwald. Der bis dato beste Mann auf dem Platz, James-Kevin Nahr, jagt einen Freistoß aus circa 20 Metern halblinker Position scharf gen kurzes Eck. Da der Ball kurz vor der Linie noch einmal gefährlich aufspringt, wird er fast unhaltbar, aber Cedric Thrum kann mit einer Glanzparade den Einschlag verhindern. Das wäre sonst wohl schon sehr früh die endgültige Entscheidung gewesen.
Mitte der zweiten Halbzeit dann die Gäste mit ersten zaghaften und ernstzunehmenden Versuchen. Ein Dreifachwechsel in der 60. Minute bringt neuen Schwung. Immerhin können wir jetzt zwei-dreimal am gegnerischen Strafraum Akzente setzen. Wie aus dem Nichts, dann der Anschlusstreffer. Nur noch 2:1.
Nach einem Einwurf agieren wir diesmal schneller als die Greizer Abwehr und Lenny Schumann kann den Ball aus etwa 10 Metern mit viel Gefühl im Dreiangel versenken, nachdem der Ball von der Unterkante der Latte ins Tor springt. Jubel bei unseren Spielern und unseren Fans. Wir sind zurück im Spiel.
Noch ist viel Zeit. Noch sind über 20 Minuten auf der Uhr. Und auf einmal sind wir da. Auf einmal kippt das Spiel. Westvororte im Vorwärtsgang. Jetzt Greiz total verunsichert und nach und nach immer mehr in die Defensive gedrängt.
Und wir haben jetzt nicht nur mehr vom Spiel, sondern wir haben auch Chancen. So richtig gute Chancen. Die erste riesengroße derer hat Markus Klotz, der den Ball aus 5 Metern Entfernung völlig freistehend über das leere Tor jagt. Das war eine Hundertprozentige. Das Ding muss drin sein.
Diese Phase aber gehört jetzt den Gästen. Wir machen immer mehr Druck. Immer wieder dringen wir in den gegnerischen Strafraum ein und haben Möglichkeiten. Zweimal kann der aufmerksame Greizer Keeper Nils Ole Petersen zupacken und den Ball sichern.
Die Mannschaft von Trainer Kevin Brettfeld wehrt sich nun mit allen Mitteln. Die vielbeinige Abwehr kann zweimal einen Einschlag aufopferungsvoll verhindern. Der Ausgleich liegt in der Luft.
Was man nicht verteidigen kann, wird rigoros weg- und abgeräumt. Dabei nimmt man sogar Verletzungen in Kauf. Allein vier Gelbe Karten für das Brettfeld-Team in den letzten acht Minuten sprechen eine deutliche Sprache. Greiz wehrt sich jetzt mit allen Mitteln.
Die Schlussphase ist jetzt hier vor über 100 Zuschauern so richtig spannend. Packend. Westvororte dem Ausgleich nahe. Noch drei oder vier Minuten. Wieder eine Flanke in den Greizer Strafraum. Abgewehrt. Nachschuss. Wieder ist ein Greizer Fuß dazwischen. Haare raufen.
Dann liegt ein Gastgeber-Spieler am Boden und wird von den Verantwortlichen der Greizer Bank höflich gebeten auch noch bisschen liegen zu bleiben. Zwei weitere Wechsel der Gastgeber kurz vor Ultimo spielen dem Weiterkommen natürlich zusätzlich in die Karten.
Um die 90. Minute herum nochmals drei Ecken in Folge für unsere Jungs. Selbst Keeper Cedric Thrum nun mit im gegnerischen Strafraum. Der bis dato sehr souveräne Schiedsrichter Steffen Lesker reckt vier Finger in die Höhe. Noch vier Minuten. Westvororte macht unendlich viel Druck. Greiz wechselt noch einmal.
Die Nachspielzeit ist rum. Noch eine Ecke für die Weiß-Blauen. Diese wird per Kopf verlängert, so dass der eingewechselte Julian Hoyer am langen Pfosten freistehend den Ball volley ins Netz jagen kann. Der Ausgleich!
Jubel auf dem Feld. Jubel am Spielfeldrand. Wir haben es doch noch geschafft.
Verlängerung. Die Greizer Spieler sinken enttäuscht zu Boden. Ein sicher geglaubter Sieg endet vorerst in der Verlängerung.
So dachten es zumindest die 115 Zuschauer und alle Spieler. Nur der Schiedsrichter war anderer Meinung. Der hat irgendwo zwischen der Ausführung das Eckballes und dem Abschluss ein Foul gesehen, welches nicht einmal die Greizer Spieler reklamiert hatten.
Was Referee Läsker da aber wirklich gesehen hat, blieb er uns auch auf persönliche Nachfrage nach dem Spiel schuldig und wendet sich zügig ab. Wohl wäre da ein „klarer Schubser“ gewesen. Mehr verrät er uns nicht, als er nur wenige Sekunden später das Spielfeld verlässt. Muss er auch nicht, denn er ist nicht schuld an unserer Niederlage.
Glückwunsch an die Gastgeber zum Weiterkommen! Die Greizer jubeln, die Geraer lassen die Köpfe hängen.
Die Aufholjagd der Mannschaft von Trainer Daniel Gehrt kam zu spät. Abermals muss man in einem ganz frühen Stadium des Pokales die Segel streichen. Die Hoffnung auf eine spannende Pokalsaison hat somit abermals ein jähes Ende. Eine Wiederholung aus dem Jahre 2021 wird es nicht geben. Hier bleibt uns nur die Erinnerung an große Pokalfights und namhafte Gegner, die wir seinerzeit in Scheubengrobsdorf begrüßen durften. Nur zwei der Pokalhelden von damals standen gestern auf dem Platz.
Das Schöne am Fußball allerdings ist, dass man in spätestens einer Woche eine Niederlage mit einem Sieg schnell wieder vergessen machen kann. Ein Pokalaus allerdings lässt sich nicht revidieren. Daher wird die Enttäuschung noch eine ganze Weile präsent bleiben. Zumindestens bei uns, auch wenn sicherlich der ein oder andere die Alibi-Floskel der Konzentration auf die Liga bemühen wird. Wir nicht.
Nichtsdestotrotz hat unsere Mannschaft in weniger als einer Woche die Möglichkeit positive Schlagzeilen zu schreiben, wenn am nächsten Samstag um 15:00 Uhr der FSV Preußen Bad Langensalza in Gera zu Gast ist, der sein Pokalspiel gestern gegen Ohratal mit 9:8 nach 11-Meter-Schießen verlor und nach der Niederlage im ersten Punktspiel gegenüber seinen Fans und Anhängern ebenfalls etwas gut zu machen hat.
Und auch, wenn der Sonntag-Guten-Morgen-Kaffee heute pünktlich um null900 mit einer bitteren Portion Enttäuschung angereichert ist, freuen wir uns bereits auf kommenden Samstag und sind uns sicher, dass unsere Mannschaft vor heimischem Publikum einen ganz anderen Auftritt hinlegen wird. Glücklicherweise ist nicht Pokal.
Ohne Worte …
#ausgerafürgera #stolzkenntkeineliga #fairrespektvollkämpferisch #westvororte … Wo Freunde nicht nur zusammen Fußball spielen.
Dieses Spiel wird Ihnen präsentiert von unserem Partner Firma Rudolf Ziegengeist.